AUF DEN FUSSBALL-PLÄTZEN IST ER BEKANNT UND BELIEBT

Artikel aus dem Stader Tageblatt vom 29.03.20

Jörg Struwe schultert seinen Rucksack mit der Kameraausrüstung, verlässt das Haus, steigt in sein Auto und fährt auf den Sportplatz. Normalerweise. Wenn die Corona-Pandemie nicht den ganzen Sportbetrieb zum Erliegen bringt. Jetzt fehlt dem 52-Jährigen der Sport, vor allem der Fußball.

Jörg Struwe ist ein leidenschaftlicher Sportfotograf. Foto: Elsen

Auf den Fußball-Plätzen der Region ist Jörg Struwe bekannt wie ein bunter Hund. Es gibt Spieler, die jubeln nach Torerfolgen schon mal gestenreich und exklusiv in Struwes Spiegelreflexkamera. Das mag er gar nicht so. „Die Jungs sollen sich auf ihr Spiel konzentrieren“, sagt Struwe. Der Fotograf stellt seine Bilder dem Internetportal Fupa zur Verfügung oder lädt die Fotostrecken in seinen eigenen Auftritten in den sozialen Medien hoch. Tageszeitungen wie das TAGEBLATT schätzen seine speziellen Blickwinkel. „Fußball am Wochenende ist eine Leidenschaft. Aber ich verdiene auch Geld damit“, sagt Struwe. Die ganze Arbeit ruht jetzt. In Zeiten der Corona-Krise verbringt Struwe die meiste Zeit zu Hause am Computer.

Erst vor einigen Tagen hat der Fotograf sein Archiv durchstöbert und eine Fotoreportage über die Amateurschiedsrichter aus der Region zusammengestellt. Sichten, Aussuchen, Bearbeiten, Hochladen. Das ganze war ein tagesfüllendes Programm. Aber das Ergebnis spricht für sich. „Das wollte ich schon vor einem Jahr machen, hatte aber nie Zeit dafür“, sagt Struwe. Er selbst habe Hochachtung vor der Arbeit der Unparteiischen. Er hat die Schiedsrichter mal lachend, mal bestimmt, mal kumpelhaft, mal gestenreich in Szene gesetzt.

STRUWE IST QUEREINSTEIGER

Struwe erstellt im Homeoffice Internetseiten, Grafiken und Layouts für Druckereien. Er fotografiert Produkte oder erstellt für Unternehmer oder Mediziner Businessreportagen. Wegen Corona kommen dieser Tage viele Absagen. Die Menschen minimieren die persönlichen Kontakte. Das trifft auch Struwe.

Der 52-Jährige ist ein Quereinsteiger. Gelernt hat der gebürtige Stader den Buch- und den Offsetdruck. Er arbeitete in der Medientechnologie in verschiedenen Stader Druckereien. Vor elf Jahren begann er mit der Fotografie. Zunächst mit dem Handy, dann mit einer Pocketkamera. Struwe muss schmunzeln, als er sich an diese Zeiten erinnert. Im Jahr 2013 kaufte er sich seine erste Spiegelreflexkamera und meldete damals ein Kleingewerbe an. Ein Kollege aus der Branche, Christian Boldt, zeigte Struwe einige Tricks. Das meiste brachte sich Struwe selbst bei. Er probierte viel aus.

„JEDEN SPORT AUS EINEM ANDEREN BLICKWINKEL FOTOGRAFIEREN“

Jetzt ist er längst eine Nummer in der Region. Struwe, einst selbst mit dem Ball am Fuß aufgewachsen und für Güldenstern und den VfL Stade fußballerisch aktiv, ging in den vergangenen Monaten immer häufiger fremd. Er fotografierte Eishockeyspiele der TuS Harsefeld Tigers oder Handballspiele des VfL Stade und des VfL Horneburg. Selbst beim Rollkunstlaufen sah er schon mal durch das Objektiv zu. „Jeden Sport musst du aus einem anderen Blickwinkel fotografieren“, sagt Struwe. Die Sportler bewegen sich überall anders. Beim Handball müsse der Fotograf 60 Minuten lang vollkonzentriert sein. „Beim Eishockey den Puck mit auf das Foto zu bekommen ist reiner Zufall“, sagt Struwe. Aber er ist sowieso immer auf der Suche nach dem Besonderen.

Jörg Struwe sehnt die Zeit herbei, in der er wieder an der Auslinie stehen kann und die Fußballer in den Fokus nehmen darf. Auf die Bratwurst von der Bude. Auf den Schnack mit den Zuschauern. Dann geht auch die Suche nach dem perfekten Bild weiter. Die sind nämlich höchst selten. Es gibt sie, die Bilder, bei denen er beim ersten Draufschauen jubiliert, beim dritten allerdings nur noch einigermaßen zufrieden seufzt. Aber die Freude über das perfekte Bild muss für immer halten.

SERIE ZUR KRISE

In der Krise läuft nichts wie gewohnt. Das TAGEBLATT stellt daher Menschen vor, die mit den Folgen der Corona-Krise kämpfen und ihr Leben darauf einstellen müssen. Daher der Titel: Menschen in Zeiten der Krise.

Quelle: Stader Tageblatt von Daniel Berlin